Freitag, 8. November 2024

Kryptologicae



Verborgene Bibliotheken mit versteckten Büchern, Steintafeln und Manuskripten, gefährliche Notizhefte und eine Geschichte, die sich gegen ihre Auslöschung wehrt.
Wer sich auf den Weg macht, unaussprechliche Geheimnisse zu ergründen, sollte seinen Verstand in Neopren hüllen, denn es geht abwärts, bis das Wasser am Hals steht und Feuchtigkeit aus der Wahrheit geatmet werden muss.
Vorsicht ist geboten. Unterwegs könnte man sich selbst abhandenkommen, von bösen Drillingen in die Irre geführt werden oder der wirkmächtigen Ziegenmilch Shub-Nigguraths erliegen.
Novellenkreis, 237 Seiten, 12,95 Euro, erschienen im Blitz Verlag

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Vom Stein von Rosetta zu Kryptologicae



Der Stein von Rosetta im British Museum

„Der Stein von Rosetta“ – ich weiß nicht mehr genau, wem aus dem Team Feuerernte die Idee kam, ihn zum Thema des nächsten Novellenbandes zu machen, doch ich erinnere mich gut, dass sie sofort auf fruchtbaren Boden fiel. Der in drei Schriften (ägyptische Hieroglyphen, Demotisch und Altgriechisch) gemeißelte Stein wurde 1799 von einem Soldat der napoleonischen Truppen auf dem Ägypten-Feldzug zufällig im Schutt entdeckt und war eine wissenschaftliche Sensation, da er maßgeblich dazu beitrug, ägyptische Hieroglyphen entschlüsseln zu können. Ein tolles Ding also. Und eines der wenigen weltberühmten Artefakte, das in der Realität tatsächlich größer ist, als man es sich vorstellt. Oder zumindest: als ich es mir vorgestellt hatte. Grundsätzlich ist das eine gute Sache, weil der fast 800 Kilo schwere Stein im British Museum heftig umlagert wird und mit ihm vermutlich mehr Selfies gemacht werden als mit allen Stars bei Madame Tussauds zusammen. Und selbst im größten Trubel ist er ehrfurchtsgebietend, wenn man sich sein Alter vergegenwärtigt und überhaupt das, was das geschriebene Wort zu übermitteln vermag. Etwas kitschig ausgedrückt. Kein Wunder also, dass wir ihn als Autorenteam gern zur Inspiration heranzogen, quasi als Grundstein (haha) unserer Erzählungen. Er hat jedenfalls – mal mehr und mal weniger deutlich – den Weg in unsere Geschichten gefunden.


Shop im British Museum - 
 und das ist noch längst nicht alles, was es da zum Rosetta Stone zu kaufen gibt

Souvenirs, Souvenirs. Der Rosetta-Stein auf Küchenschürzen, Tassen, T-Shirts, Trinkflaschen, Untersetzern, Kugelschreibern, Radiergummis usw. usw., die Regale zum Bersten voll. Aber eben immer nur das eine Motiv. Wäre da nicht vielleicht noch ein kleines Plätzchen frei für ein paar Ausgaben von Kryptologicae? Ich finde, da würden sie hervorragend hinpassen.


Echte Schätze, erste Sätze


Um nicht zu viel zu verraten und nicht zu spoilern, aber trotzdem etwas neugierig zu machen, möchte ich euch mit den jeweils ersten Sätzen der Geschichten versorgen. Als Bilder habe ich ausgesucht, was mit dazu spontan in den Sinn kam. Also auf geht’s:

1. "Der geheime Katalog" von Tobias Reckermann

Fiction begins with Tobias Reckermann

Erster Satz:
"Seit meinem ersten Besuch in einer Leihbücherei, noch bevor ich lesen konnte, habe ich Bibliotheken geliebt."

2. "Collektivsingularis" von Felix Woitkowski

Wenn die Welt absäuft: Rette sich, wer kann!

Erster Satz:
"Mit der ersten Stufe nach unten verließ uns das Grau aus Putz und Beton, das für diesen Wohnkomplex so charakteristisch war. Eine Linie führte waagerecht die Wand entlang und markierte damit den harten Übergang zu einer papiernen Welt alter Nachrichten."

3. "Calibans Stimme" von Christian Veit Eschenfelder

In Calibans Gehirn (Modellbild)

Erster Satz:
"Mit einem Messer in der Hand stand der Junge am Fuß der Treppe, in einem fremden Haus, in das hinein er einem Fremden gefolgt war."
Zu wenig? Noch einen zweiten? Ok, kriegt ihr:
"Hinter ihm auf der Straße erklangen Schreie, die ekstatischen der einen, die vor Entsetzen und Panik der anderen. Sirenen und Alarmanlagen kreischten, Läden wurden geplündert, Schaufenster eingeschlagen, Menschen aus ihren Häusern auf die Straße gezogen."

4. "Die sieben Mysterien des Voynich-Manuskripts endlich gelöst: wer es schrieb und was es bedeutet, kein Scheiß! Der letzte Plot-Twist wird dich umhauen!" von mir

Frauen bei der Arbeit im geheimnisvollen Voynich-Manuskript.
Anleitung: Bilder angucken, Text bitte laut vorlesen!

Erster Satz:
"Ja, okay, ist jetzt echt nicht so, als ob ich nicht verstehen würde, wenn sich gegen diese Überschrift spontan Widerstand in dir regt, sie kommt ja selbst mir auf den ersten Blick reichlich überselbstbewusst vor, ein vor pappsatter Vollmundigkeit geradezu rülpsendes Versprechen, eine Art billiger Clickbait – reißerische Überschrift, Neugierlücke usw. – nur eben nicht online, sondern altmodisch auf Papier und als Teil dieser Anthologie."

Donnerstag, 10. Oktober 2024

Hellbound!



Der Herbst kann ja zuweilen eine ganz schön melancholische Angelegenheit sein. Ich weiß, ich weiß: Es gibt sie, diese munteren Menschen, die juchzend durchs bunte Laub toben und deren Lieblingsjahreszeit gerade begonnen hat. Das kann ich sogar verstehen. Doch mir persönlich fiele es erheblich leichter, mich den Liebhabern des Herbstes aus vollem Herzen anzuschließen, wenn auf eben diesen Herbst nicht unweigerlich der Winter folgte. Denn den mag ich gar nicht. Das Hingleiten auf den kürzesten Tag des Jahres führt ja bei gar nicht so wenig Menschen zur saisonalen Verstimmung und auch ich kann mich in diesem Jahr einer gewissen schwermütigen Note nicht erwehren. Es liegen für meinen Geschmack einfach zu viele Abschiede in der nasskalten Luft. Nasskalte Luft nicht nur draußen, sondern auch drinnen im Schreib- und vielleicht sogar Oberstübchen, weil meine Heizung kaputt ist. Ein klammes Jammertal, das ich selbstmitleidig durchquere. Sorry dafür.

Und mitten in dieser weltschmerzgeräucherten und abgehängten Stimmung erreichte mich vor ein paar Tagen mit „Hellbound“ die letzte (ja, genau, die LETZTE Anthologie des Whitetrain/Nighttrain). Für mich – und ganz sicher geht es nicht nur mir so! – geht damit eine Ära zu Ende. Seit 2015 bin ich Passagierin des Trains gewesen und habe immer gern dort veröffentlicht. Der damals zufällig entstandene Kontakt zu Lokführer, Maschinist, Partisan und Mastermind Tobias Reckermann ist einer der besten und mir wertvollsten in meinem Autorinnenleben – und wird es hoffentlich auch außerhalb unserer gemeinsamen Zugfahrten bleiben. Ich denke, da können wir Whitetrainies uns jenseits des herbstlichen Schnäuzens mal an die eigenen Nasen fassen und fragen, ob wir nicht doch alles, was Tobias da vierzehn Jahre lang initiiert, bewegt und am Laufen gehalten hat, als allzu selbstverständlich genommen haben.


Nun aber zum höllischen „Hellbound“, einem, wie ich finde, würdigen Abschlusstitel:

Bei Jayaprakash Satyamurthy geht es im „Eden-Express“ (übersetzt von C.V. Eschenfelder) im Zug von Bangalore nach Madras auf einen fiebrig-hypnotischen Trip, bei dem die Ebenen zwischen Vergangenheit, Gegenwart, dem Greifbaren und dem Eventuellen verschwimmen.

Martin Ruf, ebenfalls mit einer Übersetzung in dieser Publikation vertreten, steuert zusätzlich eine eigene Geschichte bei: „Diasmo“. Wer das dem Titel innewohnende Anagramm zu entschlüsseln vermag, befindet sich auf der richtigen Spur, um was es sich hier dreht. Dem kunstvoll gestalteten Aufbau, der geschichtlichen Einbettung und dem genauen Blick auf Sprache und Figuren merkt man die langjährige Hingabe Rufs an die Literatur und das Geschichtenerzählen an, Beruf und Berufung. Eine wunderschön gewebte Geschichte mit Zwischentönen.

Christian Veit Eschenfelder: „Biologische Harpyien“ – Ach komm, beim Titel hatte er mich schon! Und die Begeisterung hielt an im Sog von Eschenfelders oft etwas geheimnisumwehter und ganz eigener Erzählweise. Eine Geschichte über einen Wald, Invasoren und … biologische Harpyien.

Wer noch nicht in Erik R. Andaras „Hotel Kummer“ eingecheckt hat, sollte das dringend tun! In den Erzählteppich dieses Autors einzusinken ist immer eine Freude. Doch Obacht: Der Hotelteppich und das Interieur können mitunter nicht nur staubig, sondern auch mysteriös, dubios und auf eine Weise unheimlich sein, wie wenn einen eine kalte Hand unerwartet von hinten berührt. Wenn ihr versteht, was ich meine.

Die Idee zu meinem eigenen Beitrag „Rosemary’s Scabies“ kam mir auf einer Reise in Singapur beim Besuch des Hell’s Museum. Da hatte es mir so gut gefallen, dass ich sogar mal einen eigenen kleinen Blog-Beitrag dazu geschrieben habe (Hier nachlesen). In meiner Geschichte geht es neben dem kuriosen Museum um falsche/implantierte Erinnerungen und die New Yorker Subway.

Felix Woitkowski legt mit „J“ eine herrlich verrückte Mischung hin. Er selbst sagt dazu: „Mein Beitrag ist eine Hommage an eine Geschichte, die mich wohl wie keine andere in meiner Kindheit geprägt hat: Michael Endes Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer und zwar vor allem in der Inszenierung der Augsburger Puppenkiste. Für meine Geschichte habe ich mich vor allem am Figurenrepertoire von Ende inspirieren lassen, es einmal kräftig durch die Mangel der Weird Fiction gezogen und dann in einer Welt stranden lassen, in der eine Insel aus schwimmenden Lokomotiven nichts als die Hölle ist.“

Louis Marvicks Story „Teufelsmusik“ (übersetzt von M. Ruf) hat leider ein Thema, das bei mir so gar nicht auf dankbaren Grund fällt, nämlich Orgelmusik. Mir ist natürlich bewusst, dass weder Autor noch Übersetzer etwas dafür können, dass diese Registerpfeifenbiester nicht zu meinen Lieblingsinstrumenten zählen, um es vorsichtig auszudrücken. Aber das ist meine persönliche Malaise und sollte euch nicht davon abhalten, die Geschichte mit Gewinn und Genuss zu lesen. Denn es stimmt sonst wirklich alles damit. Sogar ein Zug kommt darin vor. Und eine Trillerpfeife.

„Unter dem Eis die Finsternis“ von Silke Brandt ist für mich eine richtige Entdeckung! Stimmungsvoll geschrieben und mit Zunder und Dampf im Kessel, sowohl in einem Eisbrecher auf See als auch einer Bahn zu Lande. Ob sich die beiden Stahlgefährte treffen werden? Das müsst ihr selbst herausfinden! Die Autorin beschreibt ihre Geschichte übrigens so: „Mein Protagonist, Gentleman und Malzwhiskyliebhaber Arthur Rotermann, wird von seinem Dampfeisbrecher auf die Bahn versetzt. Dort soll der Eisvermesser die Spionin Ava Järve unterstützen, denn der ausländische Zug bringt möglicherweise eine furchtbare Waffe mit ins Land. Um eine diplomatische Krise zu vermeiden, müssen die beiden verdeckt arbeiten. Rotermanns Probleme beginnen mit einer geisterhaften Frauenerscheinung und einem augenscheinlich verrückten Heizer, der die Götter der Tiefsee anbetet, doch auch die Zeit selbst verhält sich nicht immer wie zu erwarten ...“

Das Cover der Ausgabe stammt von Erik R. Andara unter Verwendung des Gemäldes „View of Cardiff Docks“ von Lionel Walden.
Illustriert wurde das Heft, das darf last not least natürlich nicht unerwähnt bleiben, vom wunderbaren David Staege

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Whitetrain, Nighttrain - Mighttrain? Niemals geht man so ganz, wie Trude Herr treffenderweise sang. Also, lieber Tobias, falls du das liest: Sag niemals nie, ok? Ich werde die Hoffnung jedenfalls nicht aufgeben und immer mit Schreibgerät und kleinem Reisegepäck auf dem Bahnsteig nach dem Train Ausschau halten. Und wenn er kommt, steige ich sofort ein und werde voll Freude zu neuen Abenteuern reisen!


Montag, 30. September 2024

Meine Reise mit Hermit

 Raus aus der Komfortzone, rein in den Dojo


Wenn ich mich recht entsinne, war es so: Seit ich mit Daniel Bechthold zusammenzuarbeiten begonnen habe, war es sein erklärter Wunsch, einmal mit mir eine Geschichte über einen Barbarenkrieger zu machen, old school Sword & Sorcery. Das konnte ich mir lange gar nicht vorstellen und so vergab ich jahrelang Korb um Korb bis … ja, bis Hermit das Licht der Welten erblickte. Diesem Froschbarbaren mit dem gehörnten Helm und im Raupenpelz zu widerstehen, war mir absolut unmöglich. Schon beim Anblick der ersten kleinen Skizze stand mein Herz in grünen Flammen. Sword & Sorcery, Frog & Sorcery – ich hatte wirklich Lust, etwas für diesen ungewöhnlichen Helden zu schreiben. Also habe ich als Neuling im Genre meine Kampfkünste verfeinert und mich ins Abenteuer gestürzt. Und es hat mir richtig viel Spaß gemacht! Aus einer kleinen Idee ist zuerst eine Kurzgeschichte für den NEUEN STERN und nun ein ganzer Roman geworden. Den ihr bestellen könnt, wenn ihr mögt.

 Und zwar: Hier!


Taschenbuch, 246 Seiten, 52 Illustrationen, 19,80 Euro


Freitag, 5. April 2024

Zwielicht 20

 Mein wunderschöner Supermarkt

Cover von Björn Ian Craig

 Nachdem ich in den letzten zwei – oh je, eher drei! – Jahren keinen Roman geschrieben habe und nur in kürzeren Formaten unterwegs war, ist es ja fast schon inflationär, dass ich schon wieder im neuen Zwielicht-Magazin vertreten bin. Aber da ich netterweise von Michael Schmidt angefragt wurde und ich Lust hatte, eine Idee zur Geschichte werden zu lassen, traf es sich gut. „Mein wunderschöner Supermarkt“ heißt der Text und handelt – da kommt ihr jetzt nie drauf! – von einem Supermarkt. Der allerdings nicht nur wunderschön ist und sich auf einer namenlosen kanarischen, fiktiven Avocado-Insel befindet. Wie auf den Schwesterinseln Teneriffa und La Palma gab es anscheinend auch dort ureinwohnende Guanchen, die geheimnisvolle Petroglyphen hinterließen und nach ihrem Tod mumifiziert und in Höhlen gelagert wurden, auf dass ihre Körper nie die Erde berührten. Wurde der Supermarkt also auf einer uralten Bestattungsstätte gebaut und giert nach Rache? Leider nein. Aber einen Text mit solchem Inhalt könnte ich ja dann einfach fürs nächste Zwielicht schreiben.

Die Geschichte beschäftigt sich mit Kunst, wie man aus Scheiße Gold macht (merda d’artista, Piero Manzoni), Harndrang (Fountain, Marcel Duchamp) und noch ein paar anderen Sachen, die ich natürlich nicht jetzt schon alle verraten kann. Denn vielleicht habt ihr ja Lust, das neue Zwielicht zu lesen. Weil es sich um ein Jubiläum handelt, gibt es das Buch diesmal zusätzlich als Hardcover und ansonsten, wie gewohnt, als Taschenbuch oder eBook.

Zwielicht bestellen? Hier!

Viel Spaß beim Einkaufen und geht nicht verloren im Supermarkt, wie The Clash es 1979 besungen.





Freitag, 8. März 2024

The Shape of ...

 ... MURDER!


Es ist mir immer eine große Freude, in Thomas Hofmanns NEUEM STERN zu veröffentlichen. "The Shape of Murder" heißt die Geschichte um ein Sumpfmonster, das unter menschlichen Begierden zu leiden hat. Illustriert von Daniel Bechthold, mit dem ich die gemeinsame Idee umsetzen dufte.

Ein NEUER STERN (nicht nur) für Frauen



The Shape of Murder - ein Sumpf aus Begierden, Zierfischen und Latex



Mein Partner in Crime Daniel Bechthold und ich




Und hintendrauf: Werbung für Hermit, den Froschbarbar. Doch dazu demnächst mehr...


Freitag, 3. November 2023

Ach komm, was soll’s …

 … heute schreibe ich mal einen gefühlsduseligen Text

Nun ist dieses Internet für mich ja eigentlich kein Ort, an dem ich bevorzugt lamentieren und peinliche intime Bekenntnisse hinterlassen möchte. Wir sind alle mal scheißschrecklich krank, fühlen uns leb- und hoffnungslos und wissen nicht, wie wir’s überstehen sollen. Vermute ich. Also, dass es uns allen schon mal so ergangen ist. Falls nicht, liebe Leserin, lieber Leser, lächelnder Buddha oder freundlicher Ganesha, lass es mich wissen, dann möchte ich wenigstens mal kurz an dir rubbeln, damit etwas Glück auf mich abfärbt. Ich könnte es brauchen.

Vor etwas mehr als zwei Jahren hat es mich gesundheitlich und mental so ziemlich zerlegt. Und in den schwärzesten Stunden habe ich sehr gebangt, ob ich wohl je wieder etwas schreiben kann. Wenn alles in Fetzen hängt und Trauer trägt, ist das Nicht-Schreiben-Können ja eigentlich eher ein Kollateralschaden, doch je länger so ein Zustand währt, um so schwerer wird das Herz bei der Vorstellung: Zackbumm, Ende, das könnte es gewesen sein. Was du geschrieben hast, kannst du als Staubfänger in dein persönliches Mausoleum stellen, die letzten bereits einigermaßen fertigen Projekte abschließen und danach den eigenen Nachlass kuratieren. So fühlte es sich an.

Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich in dieser ganzen elenden Zeit über die Zusammenarbeit mit meiner Autorengruppe „Team Feuerernte“ war. Es hat mich tatsächlich als Autorin am Leben gehalten. Selbst als wenig ging, ging hier immer noch zumindest etwas. Eigene Texte überarbeiten, sich dann doch an Neues wagen, sich über die Geschichten der anderen austauschen, gucken, ob das löchrige Hirn nicht doch noch genug taugt, sich an Korrekturen und Einschätzungen zu wagen. Der Kontakt, die Wertschätzung und Unterstützung waren für mich unendlich wertvoll.

Jetzt sind sie also erschienen, die Metempsychosen, die zu dieser Zeit entstanden sind. Metempsychosen – Seelenwanderungen. Und außerdem für mich: Autorenseelenwahlverwandtschaften!



Metempsychosen bestellen? Hier!

Mittwoch, 18. Oktober 2023

Gebäude und Flugtiere

 

Monsieur Ortolan im Zwielicht

 

Es gibt Gebäude, die verwirren. In denen man den Orientierungssinn verliert oder sich auf einmal fremd in der Welt fühlt. Nackenhaare, die sich aufstellen, merkwürdige innerseismografische Gefühle, die uns anzeigen, dass da etwas nicht stimmt. Ob sich immer dann Unbehagen einstellt, wenn Räume sich unserer gewohnten Sichtweise entziehen, wenn wir ihre Form von außen und innen nicht direkt übereinander gelegt bekommen? In meiner soeben im Zwielicht 19 erschienenen Geschichte ist Monsieur Ortolan in einem unübersichtlichen Raum untergebracht, der nur durch Oberlichter etwas Tageslicht erhält. Ich empfinde Räume, in die ausschließlich von oben her Licht fällt, oft als unangenehm. Dabei ist es aber eigentlich immer so, dass ich mich erst in einem Raum nicht so recht wohl fühle und dann feststelle, aha, ach so, ja klar, Oberlichter, deshalb also. So hat sich vermutlich mein Unterbewusstsein eingeschaltet, als ich das Verlies für meinen Protagonisten Monsieur Ortolan entworfen habe, denn es ist mir gerade erst beim Blättern im Zwielicht-Magazin aufgefallen.

 „Die Art seiner Entführung wirkte einerseits professionell und nicht wie die Tat zusammengewürfelter Gelegenheitsbanditen, auf der anderen Seite erschien ihm die Art seiner Unterbringung allzu kurios und gab ständig neue Rätsel auf, ohne die alten zu beantworten. Er befand sich nämlich in einem ungewöhnlich hohen Raum – er hätte für so einen Anlass eher einen Keller erwartet – in den durch schmale Schlitze an der Decke Tageslicht einfiel.“

Ortolane (auch Gartenammern genannt) sind übrigens Zugvögel, denen zum Verhängnis wird, dass sie sich desorientiert in künstlicher Dunkelheit quasi selbst mästen. Doch damit soll es genug der Andeutungen sein, vielleicht hat ja der/die eine oder andere noch Lust zum Lesen. Ich freue mich jedenfalls sehr, mal wieder im Zwielicht vertreten zu sein.

Zwielicht 19 kaufen? Hier!

Erinnert sich noch wer an die Suchbilder für Kinder in der „Brigitte“? Auf denen der Zeichner eine kleine Maus versteckte, die man entdecken sollte? In diesem Sinne: Auf dem Cover hat Illustrator Björn Ian Craig eine kleine Fledermaus versteckt. Kannst du sie finden?